Kirchengeschichte - Wenn die
Burgkirche erzählen könnte:
Ich bin eine der am besten erhaltenen Wehrkirchen nördlich
der Alpen. Seit der Stadtgründung Ingelheims (1939) werde
ich Burgkirche genannt und beherberge die evangelische
Kirchengemeinde Ober-Ingelheim.
Gebaut wurde ich um 1400
auf dem Grund mehrerer Vorgängerkirchen, zuletzt einer
einschiffigen romanischen Kirche. Eine meiner
Vorgängerkirchen wurde von
Karl dem Großen zusammen mit Weinbergen dem Kloster Hersfeld
geschenkt.
Man weihte mich zu St. Wiprecht (oder St.
Wigbert, dem ersten Abt von Fritzlar und Patron des Klosters
Hersfeld).
Etwa 500 Jahre nach der Schenkung (1296) wurde das Patronatsrecht an das Domkapitel
zu Mainz abgegeben. Neben mir stand (erstmals erwähnt im Jahr
1390) bis etwa 1800 eine Michaelskapelle mit Beinhaus.
Im Jahr 1521 war
meine
Innenausstattung fertig gestellt.
Jetzt erlebte ich von Beginn an
die Reformation. Unter Kurfürst Ludwig V. begann alles recht
harmlos. Fast alles blieb beim Alten. Erst Friedrich III. führte 1565 die Reformation ein - "Mit aller Schärfe der von
ihm angenommenen calvinistischen Richtung". Der
lutherische Pfarrer Peters, der den neuen Glauben predigte,
aber meine Einrichtung beließ,
wurde abgesetzt. Meine Altäre wurden
entfernt, katholische Messen, bislang von Altaristen
(Vikaren) regelmäßig abgehalten, wurden verboten, Gemälde wurden überweißt und
kirchliches Gerät vernichtet.
Die gesamte Reformation erlebte ich als
großes Chaos: Mal beherbergte ich Katholiken und Lutheraner,
mal calvinistisch reformierte Christen, manchmal zwei
Konfessionen simultan, die katholischen Christen im
Altarraum, die reformierten Christen im Kirchenschiff.
Seit 200 Jahren gehöre ich der
evangelischen Kirche und freue mich über die neue
ökumenische Ausrichtung der Christen. |